Freund*innen, Foren oder Pornografie zur Sexualaufklärung? Frag lieber LOVIS

FragLovis macht Sexualbildung digital. Über eine Wissensplattform und einen Sex-Ed-Chatbot können sich junge Menschen anonym und altersgerecht über Themen der sexuellen Entwicklung informieren. (Foto: FragLovis)

„Peinlich, peinlicher, Sexualkunde.” So nehmen viele Jugendliche die sexuelle Aufklärung in der Schule wahr. Unbehagen und Scham hindern sie daran, im Klassenzimmer die Fragen zu stellen, die ihnen wirklich unter den Nägeln brennen. Die Folge: Sie fühlen sich alleingelassen. Klar ist, dass die Aufklärung für eine positive und verantwortungsvolle Haltung jedes*r Einzelnen gegenüber Sexualität und für eine tolerante und respektvolle Gesellschaft unentbehrlich ist. Aber wie gelangen Teenager*innen an seriöse, altersgerecht aufbereitete Informationen in einem Raum frei von Peinlichkeit? FragLovis ist die Antwort.

Das digital.engagiert-Team FragLovis macht Sexualbildung digital. Es entwickelt eine Wissensplattform mit integriertem Sex-Ed-Chatbot, über den sich junge Menschen anonym und altersgerecht über Themen der sexuellen Entwicklung informieren können.

#SexEducation: Aufklärung, die ankommt

„Viele Fragen, die Teenager rund um ihre eigene Sexualität haben, werden von Eltern oder Lehrkräften nicht beantwortet“, beschreibt Jana Pyrek, eine der Gründerinnen von FragLovis, die Situation. Zufluchtsort junger Menschen ist das Internet. Doch auch hier finden Jugendliche nicht immer seriöse Hilfe. Das bestätigt auch der Blick zurück auf die eigene Schullaufbahn: „Wir haben uns gefragt, mit welchen Themen wir uns im Stich gelassen gefühlt haben und wo es Lücken gab. Das war für uns definitiv die Sexualbildung“, erklärt Jana. Nicht nur Einzelerfahrungen, auch Studien decken diese Lücke auf: Jede*r zehnte Teenager*in kann das eigene Wissen zur sexuellen Entwicklung nicht richtig einschätzen. Insbesondere der Schulunterricht schneidet als Informationsquelle schlecht ab.

„Was vielen Schüler*innen fehlt, ist ein geschützter Raum, in dem offen gefragt und geantwortet werden kann, in dem man nicht ausgelacht oder bloßgestellt wird“, ergänzt Jana. Es ist aber nicht nur die Art der Informationsvermittlung. Auch die Anforderungen an die thematische Ausrichtung der Sexualbildung haben sich geändert. Schüler*innen wünschen sich andere Themen: sexuelle Orientierung, Gender, Identität. Themen, die auf den öffentlichen Agenden zu finden sind, aber kaum im Lehrplan. „Diese Themen brennen auch uns unter den Nägeln. Wie muss es Jugendlichen gehen, wenn selbst ich mich nicht traue, alles zu fragen?“, überlegt Jana.

FragLovis antwortet: 24/7

Für dieses Problem hat das Team eine Lösung gefunden: Ein Chatbot, der mithilfe von künstlicher Intelligenz automatisch auf individuelle Fragen von Nutzer*innen zum Thema Sexualität eingeht. Der Vorteil von LOVIS – wie sie den geschlechtsneutralen, fiktiven, aber dennoch personalisierten Bot nennen – ist seine Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit. „Jugendliche bekommen Informationen in Echtzeit, zum Beispiel mitten in der Nacht, wenn Sorgen sie am Schlafen hindern“, so Antonia Böttinger, Mitgründerin von FragLovis. Integriert ist LOVIS in eine Website, die gleichzeitig als digitale Wissensplattform dient.

„Einige Chatbots erlauben es ihren Nutzer*innen, frei formulierte Fragen zu stellen, andere lenken sie, indem sie ihnen Fragen stellen und so das Themengebiet immer weiter eingrenzen“, erklärt Sarah Holzenkamp, die das Gründerinnen-Trio komplett macht. Dafür sind große Datenmengen, etwa vorformulierte Fragen und Antworten, notwendig. Um den Bot auf die Fragen der Nutzer*innen vorzubereiten, ist das Team sowohl mit Jugendlichen, Lehrkräften als auch mit Ärztinnen und Ärzten im Austausch. Noch ist der Chatbot ein Prototyp – gemeinsam mit ihren Unterstützer*innen beim digital.engagiert-Hackathon haben sie diesen entwickelt. Eine neue Design-DNA zeichnet sich auch schon auf der Website und auf Social Media ab – vor allem auf Instagram nimmt die Aktivität des Teams an Fahrt auf. Denn über diesen Kanal ist die junge Zielgruppe besonders gut zu erreichen.

Dank Förderung richtig durchstarten

Den Weg ins Unternehmertum haben die drei Oldenburgerinnen mit BWL-Hintergrund nicht zufällig eingeschlagen. Ab Herbst wird das Team durch das Innovationsprogramm für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen (IGP) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und durch das Jugend-Budget des Bundesjugendministeriums gefördert. „Wir sind überglücklich, dass wir gegründet haben und zwei Finanzierungen in Aussicht haben. Tatsache ist aber, dass die Vorbereitungen mehr Ressourcen beanspruchen als gedacht“, berichtet Jana. Zu den organisatorischen Aufgaben zählen vor allem die weitere Meilensteinplanung, die Ausschreibung von Stellen in den Bereichen Marketing und Tech und die Vorbereitung der Arbeitspakete, die mit den jeweiligen Finanzierungssträngen angegangen werden sollen.

„Am Anfang des Förderzeitraums hatten wir die Idee, Sexualbildung zu verbessern. Von der Gründung waren wir noch weit entfernt. Jetzt sind wir ein Social Start-up – das ist unglaublich! Die Förderung im Rahmen von digital.engagiert – sowohl finanziell als auch durch das Coaching, Workshops und den Hackathon – war ein tolles Sprungbrett“, fasst Jana zusammen.