Halbzeit bei digital.engagiert: Das DRK zieht eine Zwischenbilanz

Von Mai bis November fördert digital.engagiert insgesamt 12 Projekte – darunter auch „Ausbildung mit VR“ vom DRK Kreisverband Herford e.V. Pünktlich zum Bergfest zieht das DRK eine erste Zwischenbilanz: Die Projektpartner Ralf Hoffmann und Thomas Pilz haben dazu mit Doppel[t]spitze, einer Content Marketing Agentur aus Frankfurt, gesprochen – aber uns exklusive Insights gegeben, wieso digital.engagiert eine große Chance für sie und andere Projekte ist.

Warum eigentlich virtuelle anstelle von analoger Ausbildung? Wie fördert das Projekt das Ehrenamt? Wie gewinnt man Unterstützer? Und: Welche Wünsche und Visionen haben die beiden Verantwortlichen des DRK Kreisverbandes für die Zukunft? Zu diesen und weiteren Fragen haben Ralf Hoffmann und Thomas Pilz hier bereits Stellung bezogen. Aus jeder ihrer Antworten lässt sich die Begeisterung für zivilgesellschaftliche Digitalisierungsprojekte im Allgemeinen und ihr Projekt #AusbildungmitVR im Besonderen herauslesen.

Uns haben sie darüber hinaus verraten, wieso sie sich bei digital.engagiert beworben haben und was sie an der Förderinitiative schätzen. „Mit der Teilnahme an digital.engagiert als der großen Förderinitiative von Amazon und dem Stifterverband wollten wir vor allem zeigen, wie sich zivilgesellschaftliche Digitalisierungsprojekte in der Bildungsarbeit von Verbänden und anderen Organisationen auf- und umsetzen lassen“, erklärt Ralf Hoffmann, „wir wollten einfach unbedingt dabei sein.“ Ihre Motivation dahinter: „Für uns ist es eine riesengroße Gelegenheit, Teil einer Community zu werden und von der Vernetzung, der Kompetenz, dem Austausch, der Unterstützung und der fachkompetenten Begleitung zu profitieren. Zudem wollen wir diese Chance nutzen, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen und mit einem fachlichen Dialog unser Projekt weiterzuentwickeln“, so Thomas Pilz. Für beide ist die Förderung durch digital.engagiert ein Qualitätslabel für neue, digitale Projekte in der Sozialwirtschaft und hat bereits vielfach dabei geholfen, Türen zu öffnen und Unterstützung zu bekommen.

Rettung per Brille: Wie VR hilft, Leben zu retten

Rettungseinsatz in Herford: Ein 80-jähriger Mann hat zuhause einen Herzinfarkt erlitten. Die Sanitäter des Deutschen Roten Kreuzes sind vor Ort, jeder Handgriff muss sitzen. Was hier nur ein Szenario ist, ist bei den DRK-Einsatzkräften Realität. Umso wichtiger ist ein umfangreiches Rettungskräfte-Training. Beim DRK Herford gibt es solche Übungen regelmäßig. Das Besondere dabei: Jeder Helfer soll den Ernstfall zukünftig auch mit einer VR-Brille auf dem Kopf trainieren können.

„Ausbildung mit Virtueller Realität (VR)“ heißt das Projekt des DRK Herford. Mit Hilfe der VR-Brillen können die ehrenamtlichen Rettungssanitäter virtuell in verschiedene Übungsszenarien eintauchen. Sie sind mitten im Geschehen, das sie über die Brille hautnah erleben. Das Bild, das sie mit der VR-Brille sehen, passt sich jeder Bewegung an, als wären die Helfer real in der Situation. So können die Rettungssanitäter den Ablauf eines Erste-Hilfe-Falls üben, ohne dass die Übung aufwendig simuliert werden muss. Sie gewinnen an Routine, damit sie – egal zu welcher Situation sie gerufen werden – einsatzbereit sind.

Das Deutsche Rote Kreuz Herford möchte mit dem Pilotprojekt die Weiterbildung für Rettungskräfte insgesamt weiterentwickeln und erleichtern. Neben dem zeit- und ortsunabhängigen Training von ehrenamtlichen Sanitätern steht ein weiteres Ziel im Vordergrund. Mittels modernster Technik sollen jüngere Menschen für das Ehrenamt begeistert werden.

Mit dieser Idee überzeugte das DRK Herford auch bei der Förderinitiative digital.engagiert von Amazon und dem Stifterverband. Als eines von zwölf Projekten setze es sich gegen 150 andere durch und sicherte sich eine Anfangsunterstützung von 10.000 Euro. Insgesamt haben die Projekte sechs Monate Zeit, ihre Idee voranzutreiben. Nach Abschluss dieser Zeit würdigt digital.engagiert die Arbeit und die Fortschritte aller Teilnehmenden bei einer Abschlussveranstaltung. Die drei Projekte, die sich im Verlauf besonders hervorgetan haben, werden als Gewinner ausgezeichnet und erhalten Preisgelder von insgesamt 30.000 Euro.

Amazon & Stifterverband als Partner der ZEIT Konferenz

Was schätzen wir an unserem Leben? Wissen wir eigentlich, was wir wollen? Und wissen wir, was wir nachfolgenden Generationen gern mit auf den Weg geben würden? Was ist uns dabei wichtig? Diesen und weiteren Fragen geht die ZEIT Vermächtnisstudie auf den Grund. Mit über 3.000 Befragten untersucht die repräsentative Studie gesellschaftlichen Entwicklungen in allen Lebensbereichen – wie Arbeit, Wohnen, Liebe, Gesundheit, Kommunikation, Besitz – und leitet daraus Handlungsaufträge für die Gesellschaft ab. 2015 zum ersten Mal durchgeführt, gab es 2018 eine Neuauflage.

Die Erkenntnisse der Studie sind so zahlreich, dass jedes Jahr die ZEIT Konferenz „Der Auftrag“ stattfindet. Ziel: den Impuls dafür zu setzen, dass die Handlungsaufträge übernommen und vorangetrieben werden. Angesprochen werden vor allem Organisationen, die über die Ressourcen und Mittel verfügen, aktiv zu werden, unter anderem Unternehmen. Sie können Aufträge aus unterschiedlichen Themenfeldern wählen, sie umsetzen und auf der Konferenz darüber diskutieren. Auch digital.engagiert – die Förderinitiative von Amazon und dem Stifterverband – nimmt an dieser Veranstaltung teil. Ihr Auftrag: das gesellschaftliche Engagement für digitale Bildung fördern.

Besonders in diesem Jahr ist, dass die gesamte Konferenz in Partnerschaft mit digital.engagiert stattfindet. „Es ist eine Auszeichnung für unsere Initiative, Partner der ZEIT Konferenz zu sein. Mit ‚Der Auftrag‘ treiben wir genau die Themen voran, die uns und für die Gesellschaft wichtig sind“, erzählt Andreas Schlüter, Generalsekretär vom Stifterverband. „digital.engagiert steht dabei nicht nur für die Förderung von Wissenschaft und Forschung. Wir setzen uns auch für die Berufs- und Weiterbildung ein. Vor allem wollen wir aber bürgerschaftliches Engagement zugunsten gemeinnütziger Zwecke unterstützen und mit der Förderinitiative einen Beitrag zum zivilgesellschaftlichen Miteinander leisten.“ Auch Ralf Kleber, Country Manager Amazon.de, erklärt: „Amazon hat eine digitale DNA. Deshalb ist es uns wichtig, digitale Bildungsarbeit in möglichst vielen Gesellschaftsbereichen zu fördern – damit der Generation von Morgen alle Türen offenstehen. Durch die Partnerschaft mit DIE ZEIT können wir dem Thema die Aufmerksamkeit verleihen, die es verdient.“

Auf der ZEIT Konferenz, am 20. November 2019, ist digital.engagiert mit einer Paneldiskussion zu ihrem Thema – also zu zivilgesellschaftlichen Digitalisierungsprojekten für die Bildungsarbeit – vertreten, die von einem ZEIT-Redakteur moderiert wird. Gemeinsam mit Andreas Schlüter und Ralf Kleber werden dabei aktuellste Fragestellungen diskutiert. Ein weiteres Highlight der Konferenz: die Preisverleihung, bei der drei der zwölf Projekte von digital.engagiert für ihre Fortschritte im sechsmonatigen Förderzeitraum ausgezeichnet werden. Die Förderinitiative stellt zwölf verschiedenen Projekten aus ganz Deutschland für ein halbes Jahr Coaches zur Seite, die sie bei den ersten Planungen bis hin zur Umsetzung ihrer Projektidee fördern und unterstützen. Alle Teilnehmenden erhalten individuelle Beratung und Betreuung, umfangreiche Trainings und zusätzlich finanzielle Unterstützung im Wert von insgesamt 120.000 Euro. Drei Projektteams haben die Chance auf mehr: Die Teams, die besonders große Fortschritte gemacht haben, können sich noch einmal Preisgelder in einer Höhe von insgesamt 30.000 Euro sichern.

Welche Projekte sich durchsetzen, erfahren Interessierte am 20. November auf Twitter, Facebook.

Hackathons für eine bessere Gesellschaft

Die beiden Berliner Initiativen Junge Tüftler und be.able entwickeln im Rahmen der Förderinitiative digital.engagiert ein Workshop-Format für Kinder und Jugendliche. Als Programmierer*innen, Entwickler*innen, Kreative arbeiten die Kids und Teens während sogenannter Hacky Days (altersgerechte Hackathons) an Prototypen, die Menschen mit körperlicher Behinderung helfen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das Motto der Berliner Initiativen: „Für ein besseres Wir im Kiez!“

Jonas Deister ist schon zum zweiten Mal bei digital.engagiert als Coach dabei. Er ist Geschäftsführer bei den Sozialhelden e.V., die seit über zehn Jahren mit Leidenschaft und Spaß lösungsorientierte Projekte entwickeln, um damit auf soziale Probleme aufmerksam zu machen und sie im besten Fall zu beseitigen. Und deshalb passt Jonas als Coach so gut zu den Hacky Days.

Für digital.engagiert haben wir Giulia und Julia von Junge Tüftler gemeinsam mit ihrem Coach Jonas über ihre Arbeit, Ziele und die Motivation von Kindern, Menschen zu helfen, gesprochen.

Hacky Days – Worum geht es bei eurem Projekt genau? Und warum macht ihr bei digital.engagiert mit?

Julia (Junge Tüftler): In unserem Projekt geht es darum, Workshop-Formate für Kinder und Jugendliche zu erstellen, in denen sie Lösungen für Menschen mit Behinderungen entwickeln und eigene Prototypen erarbeiten. Auf Basis der Kreativtechnik Design-Thinking möchten wir altersgerechte Hackathons konzipieren und damit für inklusive Themen sensibilisieren. Dafür haben wir von Junge Tüftler, und be.able uns als Initiativen extra zusammengeschlossen - um unsere Kompetenzen und Expertisen aus verschiedenen Bereichen nutzen zu können. Wenn wir sagen, wir wollen eine Gesellschaft schaffen, an der alle Menschen gleichermaßen teilhaben können und sollen, dann ist es auch wichtig, alle wirklich einzubeziehen und eine Umwelt zu gestalten, die niemanden ausgrenzt. Hacky Days gibt uns die Möglichkeit, prototypisch erste Wege zu gehen.

digital.engagiert passt zu uns, da auch wir mithilfe digitaler Werkzeuge die Gesellschaft verändern möchten. Online und Offline geht heute Hand in Hand. Digitales Engagement allein löst oft keine Probleme: Aber es hilft, Menschen zu erreichen oder Engagement leichter zu machen. Die Offline-Komponente ist aber weiter wichtig. Dank der Unterstützung von digital.engagiert können wir das Thema jetzt dezidiert angehen und haben die Möglichkeit, mit dem Projekt erste Schritte zu gehen.

Wie läuft denn so ein Hackathon ab?

Julia (Junge Tüftler): Die Workshops finden jeweils zwei Tage im „Real Life“ statt. Am ersten Tag geht es darum, Vertrauen und Empathie aufzubauen und den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, wo mögliche Probleme liegen. Dazu greifen wir auf die „Empathie-Tools“ von be.able zurück. Die Teilnehmenden laufen zum Beispiel mit Blindenbinde und -stock durch die Stadt und merken, wie die Gesellschaft blinde Menschen behindert. Oder sie fahren im Rollstuhl durch ihren „Kiez“ und finden Stellen, an denen sie nicht weiterkommen. Gewappnet mit einer Karte ihres Kiez – meist Schule oder Stadtteil – markieren sie solche Orte und sammeln Ideen, wie die Situation verbessert werden kann. Bevor diese Ideen dann umgesetzt werden, gibt es von uns Inspirationen für digitale Werkzeuge, die die Kinder und Jugendlichen nutzen können. Egal ob Mikrocontroller, Programmier-Codes oder Roboter. Am zweiten Tag konkretisieren die Teilnehmenden dann ihre Ideenskizzen und entwickeln Prototypen, die sie am Ende präsentieren. Die Hacky Days werden anschließend dokumentiert und als OER Material (Open Educational Resources, offene Bildungsinhalte) verbreitet und auf bereits etablierten OER-Plattformen (wie die TüftelAkademie) veröffentlicht. Somit wird der innovative Ansatz des Projektes Lehrer sowie Multiplikatoren digital deutschlandweit zur Verfügung gestellt.

Jonas, du nimmst schon zum zweiten Mal als Coach bei digital.engagiert teil. Was ist deine Motivation, dich hier einzubringen?

Jonas: Es macht Spaß, mit Teams zu arbeiten, die intrinsisch motiviert sind und gesellschaftlich etwas bewegen wollen. Sozialhelden e.V. stellt solchen Teams gerne Expertise und Netzwerke zur Verfügung. Auch wir haben damals von solcher Unterstützung profitiert. Sparringspartner sind wichtig, um seinem Ziel näher zu kommen. Und auch für mich ist es schön, mal aus meiner bekannten Umgebung herauszukommen und neue Impulse mitzunehmen.

Die von einer Jury aus fast 150 Bewerbungen ausgewählten Projekte wurden von digital.engagiert mit Coaches und Coachinnen gematcht. Was war deine Reaktion als du auf dem Kick-Off Treffen erfahren hast, dass Du Hacky Days coachen wirst?

Jonas: Ich habe mich sehr gefreut. Wir von den Sozialhelden hatten mit Junge Tüftler bereits vor digital.engagiert Kontakt. Das Coaching macht absolut Sinn, weil wir uns thematisch überschneiden und uns gegenseitig inspirieren können: Mit unserem Projekt „Wheelmap macht Schule“ unterstützen wir beispielsweise ebenfalls Lehrerinnen und Lehrer, die mehr mit dem Thema Inklusion/Diversity arbeiten wollen. Und das ist eben auch das Schöne an den Hacky Days: Mit Workshops Kinder zu sensibilisieren und zu befähigen, etwas zu entwickeln kann wirklich helfen. Das Thema Behinderung schwingt zwar mit, aber es geht eigentlich darum, Innovationskraft, Empathie und auch Digitalkompetenzen von Kindern zu fördern und so Teilhabemöglichkeiten für alle zu entwickeln.

Welche Meilensteine habt ihr mit Eurem Projekt bisher bei digital.engagiert erreicht?

Giulia (Junge Tüftler): Wir haben die ersten zwei Meilensteine erreicht: Unser Workshop-Konzept sowie die gemeinsame Arbeitsweise und die dazugehörigen Methoden stehen fest. Im Juli haben wir einen ersten Test-Hackathon erfolgreich durchgeführt. Jetzt arbeiten wir an der Iteration der Arbeitsmaterialien mit weiteren Test-Workshops in zwei Berliner Schulen, um unser Konzept zu finalisieren. Außerdem haben wir in den vergangenen Monaten ein gutes Netzwerk aufgebaut und viel positives und konstruktives Feedback bei der Vorstellung unserer Hacky Days beim N3xtcoder Meetup am 6. August sammeln können. Natürlich sind wir aber immer auf der Suche nach Schulen und Interessierten, mit denen wir in Zukunft zusammenarbeiten können.

Welches Projektziel habt ihr vor Augen?

Julia (Junge Tüftler): Unser Ziel ist, dass unsere Hackathons skalierbar werden. Das heißt, dass die Workshops auch ohne unsere Anwesenheit stattfinden können. Das geht nur, wenn Lehrerinnen und Lehrer gutes Material haben, das sie befähigt, die Workshops eigenständig umzusetzen. Wir möchten eine Plattform entwickeln, auf der unsere Methoden und Materialien als E-Learning-Formate allen zur Verfügung stehen. Mit einer Art „digitalem Werkzeugkoffer“ ausgestattet, können Schulen dann in ganz Deutschland die Hacky Days veranstalten.

In eurem Projekt sollen Kinder Ideen für eine bessere Inklusion entwickeln. Was können wir eurer Meinung nach von Kindern lernen?

Julia (Junge Tüftler): Die Unbefangenheit, mit der Kinder an Themen herangehen! Deshalb macht uns unsere Arbeit auch so viel Spaß. Kinder können und wollen lernen, das haben wir als Erwachsene oft verlernt. Und sie stellen sich gerne Herausforderungen – in ihnen steckt einfach so viel Motivation und Energie.  

Jonas: Diese Motivation, die Julia beschreibt, kommt vor allem dadurch, dass Kinder ein hohes Gerechtigkeitsempfinden haben. Wenn sie sehen: „Hey, eine Stufe am Eingang schließt Menschen, vielleicht sogar Schulkameradinnen und -kameraden, aus und es gäbe doch Lösungen, da etwas dran zu ändern!“ Dann setzen sie sich auch dafür ein. Und Kinder und Jugendliche können sehr überzeugend sein.  

Jonas, was wünschst Du Hacky Days?

Ich wünsche Ihnen, dass sie ein Produkt schaffen, das Lehrerinnen und Lehrern bei ihrer Arbeit unterstützt und sie selbst leicht ohne große Vorkenntnisse anwenden können. Und dass die Hackathons möglichst bundesweit stattfinden und irgendwann Bestandteil von Lehrplänen werden. Wenn das Potenzial erkannt wird, dann kann die Methode der altersgerechten Hackathons auch für die Produktinnovation in anderen Bereichen genutzt werden.